Nachdem ich in letzter Zeit bei Ausfahrten mit der Monster 696 meiner Frau immer deutlich mehr Spaß und auch einfach eine gefühlt bessere Linie als mit der SV/F800 hatte, sind wir am Samstag mal unseren - mal wirklich richtig freundlichen - Duc Dealer besuchen gegangen, um kurz vor Saisonende mal die „neuen“ 2016 Bikes zu besichtigen.
Nun gut, bei der Hypermotard sind wie befürchtet in jeder Version meine Beine zu kurz, also mal wieder mal auf die Monster gesetzt. Wenngleich mich nicht jedes Designdetail in Ehrfurcht erschaudern läßt – besonders Heck und Krümmer gefallen mir super. Nachdem ich die ersten zwei Aufforderungen zur Probefahrt wegen der befürchteten Folgen noch höflich überhört hatte, ging es dann doch mit der 1200S los.
145PS Schon im Leerlauf macht das Ding einen Lärm, der einem fast peinlich ist, wenn man gerade die F800 ausgemacht hat. Aber ganz tief drinnen sagt einem eine Stimme: Das ist endlich mal ein richtiges Motorrad. Und man fragt sich natürlich: Wenn das legal ist, warum klingen dann viele Motorräder im Vergleich wie ein ICE? Oder sind einfach nur Laut, ohne einen echten Charakter?
Man wird hier im Forum mehr als einen Post von mir finden, daß man allein kein Motorrad über 100PS braucht. Das stimmt ja auch, besonders wenn es einen Reihenmotor hat. Aber es ist so geil! Gerade beim V-Motor ist nun endlich das Geruckel untenrum (fast) weg. Wenn man im fünften bei 2000 Umdrehungen aufreißt, schüttelt sie sich eine Sekunde und dann geht es ab. Die 696 verweigert da glatt die Arbeit, die SV rüttelt 5 Sekunden, der F800 ist es egal. Sie ignoriert emotionslos solche Schaltfehler.
Beeindruckender als 0-100 Sprints sind aber Zwischenspurts in mittleren Gängen. Obwohl keines unserer Motorräder zu wenig Leistung hat - ich müßte sie ja nur ausdrehen - ist dieses unangestrengte Lossprinten einfach nur beeindruckend. Das Bollern der Monster beim Gas wegnehmen macht selbst das langsamer werden zu einem Erlebnis. Die Straßenlage ist im Vergleich zu SV und F800 spürbar besser. Schon nach 5 Km komme ich mir vor wie in der Zeitmaschine: Selbst die Ackerpisten im Schwarzwald fühlen sich wieder an wie vor 20 Jahren, als sie das letzte Mal geteert wurden. Kein nervöses Rappeln beim Überfahren der Teerkleckerrillen, man fährt einfach drüber, als wär die Straße gut. Das löst dieses Problem, was ja zu einem Gutteil nur im Kopf besteht.
Was war nicht so toll? Keine Heizgriffe ab Werk, keine Ganganzeige trotz TFT Display. OK, letztere braucht man eigentlich nur wegen dem „7.“, ansonsten zieht sie immer für mich mehr als ausreichend. Wenigstens kann man das alles einfach (aber teuer) nachrüsten. Keine Ablagen/Fächer, kein Windschutz, nicht mal ein kleiner. Kettenantrieb, nun ja, baut ja inzwischen fast jeder so. TFT Display ist schick – im Stand. Während der Fahrt ist es mir nicht gelungen, darauf irgendwas zu erkennen, ohne dem Display meine volle Aufmerksamkeit zu widmen. Mal schnell Drehzahl oder Geschwindigkeit aus dem Augenwinkel checken war mir nicht möglich. Ein Rundinstrument wie an der F ist da wohl einfach besser.
Wie ging die Story aus? Die S ist mir doch etwas zu unvernünftig – auch wegen dem heftigen Aufpreis zur normalen 1200er. Leider war keine als Vorführer da, aber das Lesen von vielen Tests und Vergleichen sowie die kompetente Beratung haben den Eindruck bestätigt, daß diese für meine Fahrkünste mehr als ausreichen wird. Also, Tageszulassung der normalen 1200er Monster gekauft. Die fehlenden Dinge werden noch nachgerüstet. Die SV wird im Frühjahr verkauft, die F bleibt unser Drittmotorrad.
Immer wieder frage ich mich, ob die F800 ST ein Fehlkauf für mich war. Gekauft habe ich diese ganz überwiegend nach rationalen Argumenten: von Spritverbrauch über Drehmomentkurve bis Wetterschutz und dem praktischen Zahnriemen. Emotionen kamen da kaum zum Tragen, nur das tolle Stealth Design gefällt mir bis heute super. Unsere Fahrprofile haben sich auch anders als damals beim Kauf erwartet entwickelt. Auf den wenigen Km im Jahr und Touren nur selten über 200 Km kann die ST ihre Stärken kaum ausspielen. Für eine Tour über 300Km würde ich der ST auch heute immer den Vorzug geben. Wahrscheinlich war sie ein notwendiger Zwischenschritt um rauszufinden, was ich wirklich will. Zum Glück empfindet meine Frau sehr ähnlich: Seit sie ihre Duc hat, ist sie nie wieder eines unserer anderen Motorräder gefahren. Sollte sie vielleicht mal wieder, sie würde ihre Duc wohl noch mehr mögen.
Gruß Eike