Ein Text zum Nachdenken:
"BMW präsentiert in der F-Baureihe einen 900er-Reihenzweizylinder – und wir erinnern uns, dass es genau so einen Motor im Hause BMW schon einmal gab. Es war der Reihentwin der Husqvarna Nuda, und es ist die Geschichte einer so eigenwilligen wie begeisternden Konstruktion. Dieser Motor, ursprünglich abgeleitet vom 800er-Zweizylinder der F 800, nutzte einen Schwenkpleuel als Massenausgleich und einen Hubzapfenversatz von 45 Grad, um satten V2-Sound zu imitieren.
Dieser Motor war der Hammer, aber die Freude an ihm währte nur einen Sommer. Dann war diese Perle des Motorenbaus, der ein Platz zwischen den beiden Pressstahl-Oberzügen der neuen F-900-Baureihe wunderbar zu Gesicht gestanden hätte, Geschichte. Heute liegt sie zusammen mit den sterblichen Überresten der Husqvarna Nuda 900 auf dem Motorradfriedhof. Auf dem Grabstein steht: „Viel zu früh bis du von uns gegangen - du warst der Beste deiner Art.“
Wie konnte das passieren? Das fragen sich die Fans noch heute. Eine mögliche Antwort muss lauten: Er kam zu früh, die Zeit war noch nicht reif. „Ja, aber dann kam auch Euro 4 und 5“, argumentiert man in München.
Ach was, das haben andere auch geschafft. Erst recht, wo doch die technischen Daten des aktuellen Motors praktisch identisch mit denen des Nuda-Twins von 2012 sind. 895 zu 898 Kubikzentimeter, 92 zu 98 Newtonmeter (Vorteil für den alten Twin!), jeweils 105 PS bei 8500/min –das passt. Der Nuda-Motor war mit 84 Millimetern Bohrung und 81 Millimetern Hub (BMW 86 zu 77 Millimeter) allerdings langhubiger ausgelegt. Einen ungleichförmigen Zündversatz hat heute jeder aktuelle Reihentwin in dieser Liga, und davon gibt es viele. Aber bis heute keinen wie ihn.
Jetzt soll sein Nachfolger die Mittelklasse Welt aus den Angeln heben. Schafft er das? Nein, das kann er nicht schaffen. Das ist schon nach den ersten Kilometern klar…"
Bevor beim einen oder anderen Leser Pawlowsche Reflexe ausgelöst werden: Dieser Text stammt nicht von Harry sondern aus der MOTORRAD 8/2020.
Das bessere ist eben des guten Feind, und daraus erklärt sich auch die Enttäuschung mancher F-800-Fahrer.
Gruß
Dietmar.