Technische Frage: Pumpverluste

Alles was nirgenswo rein passt.

Technische Frage: Pumpverluste

Beitragvon peter_n » 21.12.2011, 21:50

Hallo!
Jetzt, wo saure Gurkenzeit ist, hätte ich mal eine technische Frage:
Unsere F 800 hat ja einen Paralleltwin. Das heißt, dass beide Kolben gleichzeitg rauf- bzw. runtersausen. Das heißt doch aber auch, dass z.B. in der Abwärtsbewegung im Kurbelgehäuse 0,8 Liter Luft komprimiert werden.
Hemmt das nicht fürchterlich und verschlechert den Wirkungsgrad??
Bei einem Gegenläufer, z.B. Kawa ER6, sind die Druckverhältnisse doch viel gleichmäßiger - oder?
Grüße - Peter
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Re: Technische Frage: Pumpverluste

Beitragvon Lichtmann » 21.12.2011, 23:29

Huhuuu,

da kann nix komprimiert werden, am Zylinderkopf ist ein Schlauch der zum Luftfilterkasten oder auch Ansauggehäuse führt, Öl und Blow-by-Gase werden aus dem Kurbelraum mittels Saugpumpe abgesaugt, diese ist mit einem Durchmesser von 50 mm und einer Breite von 25 mm so dimensioniert, dass im Kurbelgehäuse Unterdruck bis zu 0,2 bar entsteht. Das abgesaugte Gemisch gelangt über den Getrieberaum in die Ölwanne. Pumpverluste der Kolben und der Ausgleichsmechanik werden reduziert. Ein guter Motor ( Passung Kolben/ Zylinderlaufbahn) erzeugt eher Unterdruck als Überdruck, bei Überdruck gehen Verbrennungsgase in den Kurbelraum, quasi am Kolben vorbei.


In diesem Sinne.
Zuletzt geändert von Lichtmann am 22.12.2011, 00:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Technische Frage: Pumpverluste

Beitragvon Gerhard » 22.12.2011, 00:15

Bei einem Gegenläufer, z.B. Kawa ER6, sind die Druckverhältnisse doch viel gleichmäßiger - oder?


lt Kawa-Seite ist die ER6 aber auch ein Paralleltwin:

<<
Der Parallel-Twin der ER-6n überzeugt durch seine Balance aus kompakten Abmessungen und guter Leistungscharakteristik. Die Motorabstimmung
<<

Gruß

Gerhard
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Re: Technische Frage: Pumpverluste

Beitragvon Roadslug » 22.12.2011, 00:21

Ich habe den Eindruck, dass du dich am besten über die Arbeitsweise eines Viertakt-Motors informieren solltest. Wenn du das tust beantwortet sich die Frage von selbst.
Nur soviel: Beide Anordnungen, der um 180° versetzte Kurbelzapfen und der um 360° versetzte KW-Zapfen (wie bei der F800) haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile bezüglich Zünd-Abstand und Massenkräften. Aber mit irgendwelchen Pump- oder sonstigen Verlusten hat das nichts zu tun.

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Re: Technische Frage: Pumpverluste

Beitragvon HarrySpar » 22.12.2011, 09:29

Muß mich hier auch kurz melden.

Ich dachte auch immer, daß der Begriff "Paralleltwin" besagt, daß die Kolben miteinander rauf und runter gehen. Aber seit einiger Zeit bin ich mir da nicht mehr sicher. Da wurden in Motorradheften paar mal Motoren als "Paralleltwin" bezeichnet, bei denen die Kolben gegenläufig laufen, also um 180° versetzt.

Pumpverluste: Wenn beide Kolben miteinander rauf und runter laufen, wird halt die Luft im Kurbelgehäuse ständig komprimiert und wieder expandiert. Und dabei entsteht meiner Meinung nach eine gewisse Reibung zwischen den Luft-Molekülen. Das bewirkt einen gewissen Verlust.

Gehen die Kolben um 180° versetzt rauf und runter, wird zwar vordergründig keine Luft komprimiert und wieder expandiert (vielleicht aber doch ein bißchen wegen der Dynamik, weil dieses Luftpolster ja auch immer erst beschleunigt werden muß, wenn es wieder woanders hingeschoben werden soll). Dafür muß die Luft aber ständig von einem Zylinder zum anderen im Kurbelgehäuse hin und her geschoben werden. Das bewirkt bestimmt auch eine gewisse Reibung zwischen den Luftmolekülen und damit ebenfalls Verlust.

Welche Bauart nun mehr oder weniger Luftreibung verursacht, weiß vielleicht der Roadslug.

Und klar, wenn man mittels einer Vakuum-Pumpe den Luftdruck im Kurbelgehäuse z.B. um 20% reduziert, verringert man diese Luftreibung.

Was ist das eigentlich für eine Vakuumpumpe im F800-Motor? Eine Zentrifugalpumpe? Wie wird die angetrieben?
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Re: Technische Frage: Pumpverluste

Beitragvon Mikebaum » 22.12.2011, 10:45

Hallo,
"Paralleltwin" heißt ja nur "Reihenzweizylinder". Sagt nichts darüber aus, wie die Kolben rauf / runter gehen: Synchron nebeneinander oder versetzt um 180° (einer rauf während der andere gerade runter geht).
Dann gibts da noch die Zündfolge, die auch wieder abhängig von der Kolbenfolge ist (beide gleichzeitig oder nacheinander - wie bei der F800).

Früher gab es keine Pumpe zur Motorgehäuseentlüftung, da war das einfach per Schauch mit dem Ansaugtrakt verbunden, wo ja auch ein gewisser Unterdruck herrscht. Das gibts bei der F offenbar auch noch, nur zusätzlich diese Pumpe, die Abgase offenbar vom Kurbelgehäuse in die Ölwanne pumpt?

Die "Panschverluste" im Öl sind jedenfalls höher als die Verluste durch das "Verschieben der Luft" im Kurbelgehäuse.

Dann mal Allen frohe Feiertage!
:D
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Re: Technische Frage: Pumpverluste

Beitragvon Spieler » 22.12.2011, 11:06

HarrySpar hat geschrieben:Ich dachte auch immer, daß der Begriff "Paralleltwin" besagt, daß die Kolben miteinander rauf und runter gehen. Aber seit einiger Zeit bin ich mir da nicht mehr sicher. Da wurden in Motorradheften paar mal Motoren als "Paralleltwin" bezeichnet, bei denen die Kolben gegenläufig laufen, also um 180° versetzt.

.......


Auch dazu liefert Wikipedia eine gute Erläuterung: Parallel-Twin
Ducati ist der Mercedes unter den Audis
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Re: Technische Frage: Pumpverluste

Beitragvon Roadslug » 22.12.2011, 11:10

@peter_n
Möglicherweise habe ich deine Frage nach den Pumpverlusten falsch verstanden. Du meinst den Druckaufbau im Kurbelgehäuse durch die beiden parallel laufenden Kolben. Der dadurch entstehende Überdruck im KG wäre nur relativ gering und würde kaum zu einer Verschlechterung des Wirkungsgrades führen. Allerdings würde ein Überdruck im KG sehr schnell zu starken Ölundichtigkeiten führen, daher muss das unbedingt vermieden werden. Man macht das mit einer Kurbelgehäuseentlüftung mit einer Leitung zwischen KG und Ansaugkanal. Im Kurbelgehäuse ist dadurch bei laufendem Motor immer ein leichter Unterdruck vorhanden. Gleichzeitig wird dadurch erreicht, dass die Öldämpfe nicht ins Freie gelangen sonder vom Motor abgesaugt werde (HC-Emission). Damit keine Öldämpfe ins Frei gelangen können ist die KG-Entlüftung bei stehendem Motor über ein Schaltventil geschlossen.

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Re: Technische Frage: Pumpverluste

Beitragvon peter_n » 22.12.2011, 18:01

Hallo!
Danke für die umfangreichen Antworten.

@Spieler, Gerhard u.A.: Ihr habt recht, Paralleltwin ist alles, was zwei Zylinder parallel nebeneinander hat. Egal, wie die Kolben sich bewegen. Der Link von Spieler klärt das wunderbar.

@Roadslug: Dein zweiter Beitrag trifft meine Frage. Tut mir leid, den Begriff "Pumpverluste" habe ich nicht korrekt angewandt. Er gehört eigentlich zu der Anstrengung des Motors, gegen eine fast geschlossene Drosselklappe ansaugen zu müssen.

Zu den Druckschwankungen im KG denke ich, dass das "Atmen" in den Ansaugtrakt im Volumen eines schlecht gefüllten Maßkrugs schon erheblich ist. Wenn ich mir das mal bildlich vorstelle heißt das, dass bei der Aufwärtsbewegung der Kolben Luft aus dem Ansaugtrakt ins KG gesaugt wird. Bei der Abwärtsbewegung wird diese Luft (zusammen mit blow by Gasen und Ölnebel) wieder in den Ansaugtrakt zurück gepumpt.

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Re: Technische Frage: Pumpverluste

Beitragvon Lichtmann » 22.12.2011, 18:20

Mikebaum hat geschrieben:Hallo,
"Paralleltwin" heißt ja nur "Reihenzweizylinder". Sagt nichts darüber aus, wie die Kolben rauf / runter gehen: Synchron nebeneinander oder versetzt um 180° (einer rauf während der andere gerade runter geht).
Dann gibts da noch die Zündfolge, die auch wieder abhängig von der Kolbenfolge ist (beide gleichzeitig oder nacheinander - wie bei der F800).

Früher gab es keine Pumpe zur Motorgehäuseentlüftung, da war das einfach per Schauch mit dem Ansaugtrakt verbunden, wo ja auch ein gewisser Unterdruck herrscht. Das gibts bei der F offenbar auch noch, nur zusätzlich diese Pumpe, die Abgase offenbar vom Kurbelgehäuse in die Ölwanne pumpt?

Grundsätzlich gibt es beim Trockensumpfschmierung eine Saugpumpe ( siehe meinen Errstbeitrag) die eine höhere Förderleistung hat wie die Druckpumpe, deshalb auch der geringe Unterdruck im Kurbelgehäuse

Die "Panschverluste" im Öl sind jedenfalls höher als die Verluste durch das "Verschieben der Luft" im Kurbelgehäuse.

Bei der F-Reihe gibt es keine Panschverluste, siehe Aufbau Trockensumpf

Dann mal Allen frohe Feiertage!
:D


In diesem Sinne.
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Re: Technische Frage: Pumpverluste

Beitragvon HarrySpar » 23.12.2011, 08:55

Ach so ist das?!?
Die Pumpe, die die 0,2bar Unterdruck im Kurbelgehäuse erzeugt, ist die Öl-Saugpumpe?!? Also keine Extrapumpe, um diesen Unterdruck zu erzeugen?

Ach ja, außerdem: Panschverluste gibt es meiner Meinung nach nirgends, weder bei der F800 (Trockensumpfschmierung) noch bei anderen Motoren mit Naßsumpfschmierung.
Naßsumpfschmierung heißt ja nicht, daß die Kurbelwelle so weit unten liegt, daß sie permanent das Öl rumrührt wie ein Sahnequirl.
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Re: Technische Frage: Pumpverluste

Beitragvon Lichtmann » 23.12.2011, 14:06

HarrySpar hat geschrieben:Ach so ist das?!?
Die Pumpe, die die 0,2bar Unterdruck im Kurbelgehäuse erzeugt, ist die Öl-Saugpumpe?!? Also keine Extrapumpe, um diesen Unterdruck zu erzeugen?

Ach ja, außerdem: Panschverluste gibt es meiner Meinung nach nirgends, weder bei der F800 (Trockensumpfschmierung) noch bei anderen Motoren mit Naßsumpfschmierung.
Naßsumpfschmierung heißt ja nicht, daß die Kurbelwelle so weit unten liegt, daß sie permanent das Öl rumrührt wie ein Sahnequirl.




Huhuuu,

genau dann wäre es ja eine Schleuderschmierung. Wir haben eine Druckumlaufschmierung ( ca. 20 L/min bei voller Drehzahl, angestrebter mittlerer Druck 4,5 bar)mit zusätzlicher Kolbenbodenkühlung ( Schmierung der Lagerbuchse des Kolbenbolzen nebenbei) durch zwei Spritzdüsen.Kurbelwellenlager ( durch Bohrungen im Kurbelgehäuse), Pleullager ( Öl geht durch die Kurbelwelle), Nockenwelle ( beide Hohlgebohrt) und Steuerkettenspanner durch Drucköl mit max. 8 Bar ( Ventil ist ein einfacher Stift mit Feder, sitzt unterm Schwingenschachtdeckel, und kann irgendwann mal versagen) nachdem das Öl durch den Wärmetauscher und Ölfilter geflossen ist, in der Steigleitung zum Kopf sitz der Öldruckschalter ( auf Höhe des Steuerkettenspanner, rassel rassel weil eventuell das Öldruckregelventil spinnt???? ), durch eine Nut in den Nockenwellenlagern schmiert man zwischen Schlepphebel und Nockenwelle. Kupplung wird durch eine Drosselbohrung versorgt. Um den Motor gering in der Bauhöhe zu halten und trotzdem einen tiefen Schwerpunkt zu erzeugen gibt es die Trockensumpfschmierung bei der eine Saugpumpe das Öl und Gase aus dem Kurbelraum über den Getrieberaum in die Ölwanne pumpt, auch bei großer Schräglage ( Verlagerung durch die Fliehkraft des Öls mit der Gefahr das die Ölpumpe bei reiner Druckumlaufschmierung kein Öl mehr ansaugen kann) wird bei uns immer eine Schmierung sicher gestellt. Und alles ohne Panschverluste und vollsauen des Luftfilters durch Öldämpfe ( Motorentlüftung durch Zentrifugalabscheidesystem welches auf der Einlassnockenwelle vom Antriebsrad der Wasserpumpe sitzt)


In diesem Sinne.
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Re: Technische Frage: Pumpverluste

Beitragvon 815-mike » 23.12.2011, 17:18

...noch mal zur Ausgangsfrage von Peter:
Gehen wir einfach mal vereinfachend von einem absolut "dichten" Kurbelgehäuse aus (es pfeift also nix an den Kolben vorbei (Blowby; tatsächlich unvermeidbar) und auch sonst gibt es keinerlei Austausch mit der Umgebung).
Nun einfach mal einen Schritt weiterdenken: Natürlich "kostet" es Arbeit, um das im Kurbelgehäusevolumen eingeschlossene Gas beim Abwärtsgehen der Kolben zu verdichten - aber genauso selbstverständlich wird diese aufgewendete Arbeit bei der anschließende Aufwärtsbewegung der Kolben ja wieder freigesetzt (verrichtet vom verdichteten Gas)!
In Summe gäbe es also keine Verluste (unter grober Vernachlässigung der diversen physikalischen Hauptsätze...)

Wenn man unter der oben getroffenen Annahme nun Gegenläufer und Gleichläufer vergleicht, steht der Gleichläufer sogar besser da, weil er keine Überströmverluste kennt: beim Gegenläufer wird das Gasvolumen ja permanent von einem Zylinder (Kurbelgehäuse) in den anderen verlagert - und das bedeutet Verluste.

Sowohl Gegenläufer als auch Gleichläufer haben bei modernen Motoren herbe Nachteile; daher prophezeihe ich deren Verschwinden bei künftigen inline-2-Zylindern.
mike
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