von Langstreckler » 21.03.2020, 18:43
Bevor mein Freundlicher wegen Corona schließen musste, konnte ich den vergangenen Dienstag und Mittwoch noch zu Probefahrten nutzen.
Da die F900R wegen eines Umfallers einen gebrochenen Bremshebel und weitere Schrammen hatte, habe ich mir am Dienstag die F900XR – natürlich vollausgestattet - ausgeliehen.
Die Sitzposition ist aufrechter und weniger Vorderrad orientiert im Vergleich zu meiner R und auch zur F900R, aber durchaus angenehm und entspannt. Das Display ist natürlich ein Hingucker, wobei ich aber sagen muss, dass ich die Anzeige der Rundinstrumente meiner R intuitiv schneller erfasse. Weitere Infos wie max. erreichte Schräglage, Verzögerung etc. sind im besten Fall nice to have, im schlimmsten Fall verführen sie den Fahrer dazu, an die Grenzen und vielleicht auch darüber hinaus zu gehen.
Wenn man den Startknopf drückt, fällt sofort auf, dass der kurze Auspuff seine Geräusche direkt von seiner Öffnung zum Ohr des Fahrers emittiert. Der Sound des 900er Motors mit seinen ungleichförmigen Zündabständen (Hubzapfenversatz 270° bzw. 90°) ist nicht aufdringlich, er gefällt mir aber besser als der der 800er.
Fahren lässt sich die Maschine genauso spielerisch wie meine F800R, obwohl sie ca. 20 kg schwerer ist. Außerdem fällt natürlich der längere Federweg auf: Auch über weniger gute Straßen gleitet man wie auf einer Sänfte. Auch das Windschild ist ausgezeichnet. Die Kupplung lässt sich etwas leichter betätigen als die meiner F800R, das Getriebe schaltet sich etwas weicher und leiser, den Quickshifter habe ich zwar einige Male ausprobiert, aber eigentlich widerstrebt er mir, und der Gasweg erscheint mir etwas kürzer. – Einige Male habe ich mich gewundert, dass ich schon am Anschlag bin. Das soll aber nicht heißen, dass die Maschine nicht ordentlich abgeht. Ab 2000rpm ist der Motor fahrbar und zieht ab 3000rpm sehr gleichmäßig bis zur Nenndrehzahl durch. Die Leistungsentwicklung ist hier etwas gleichmäßiger – bzw. das Drehmoment etwas konstanter - als bei meiner R. Insgesamt würde ich aber nicht sagen, dass der 900er Motor im realen Fahrbetrieb deutliche Vorteile gegenüber dem Rotax-Motor hat. Das gilt auch für die Vibrationen, die ich bei beiden Motoren ähnlich und nicht störend empfinde.
Vor der Fahrt hatte ich die Verbrauchsanzeige genullt, bzw. vom Freundlichen auf Null setzen lassen. Am Ende war ich dann aber doch über einen Durchschnittsverbrauch von 4.9 l/100km negativ überrascht. Zum Vergleich bin ich anschließend mit meiner Maschine noch einmal dieselbe Strecke im selben Tempo abgefahren. Der Durchschnittsverbrauch lag hier bei 4.1 l/km. Ein Mehrverbrauch von fast 20% erscheint mir doch unangemessen.
Am Mittwoch konnte ich dann eine R1250R fahren. Sitzposition ist ähnlich wie bei meiner R, Roadster like eben, wobei das Handling im Vergleich zu meiner R etwas behäbiger, aber beileibe nicht schwerfällig ist.
Der Motor ist aber der Hammer: äußerst vibrationsarm und mit einem fulminanten Durchzug vom Drehzahlkeller bis in den roten Bereich. Die durch BMW ShiftCam realisierten variablen Steuerzeiten wirken hier Wunder. Auch das Getriebe lässt sich sehr gut schalten (BMW-Krankheit abgelegt!), und der Kardan ist auch bei Lastwechseln sehr angenehm zu fahren. Und das Beste ist der Verbrauch, der bei 4.2l/100km lag. Dazu muss ich aber sagen, dass nach der Hälfte der Strecke die Reifendruckwarnung aufpoppte und ich deshalb dann etwas verhaltener zu meinem Freundlichen zurückgefahren bin.
Mein Fazit: Die F900XR ist ein schickes Motorrad. Falls sich der Motor als genauso standhaft wie der Rotax erweisen sollte und er im Rahmen der Modellpflege irgendwann Shiftcam spendiert bekommt, wodurch höchstwahrscheinlich auch der Verbrauch gesenkt wird, dann spräche für mich nichts gegen eine Kaufempfehlung.
Schöne Grüße, bleibt immer oben und natürlich gesund
Dietmar