Ich hab‘ mir die von Rotax bereits weiter oben gepostete Veröffentlichung von DR. WACK jetzt auch mal angeschaut und muss sagen, dass es sich hier im Wesentlichen um Eigenwerbung handelt.
https://dr-wack.com/dr-wack/news-presse/wartungsfreie-motorradkette-im-testWie von Joe schon bemerkt, handelt es sich hier um Prüfstandversuche, die die reale Feldbeanspruchung nur unzureichend abbilden:
Ohne den Verschleiß-Test am XCT-Prüfstand von Dr. Wack (Verschleißbestimmung in Anlehnung an DIN 51347) in allen Details zu kennen, handelt es sich hier um eine Prüfung, die wesentliche Merkmale der realen Belastung im Feld gar nicht abbildet: Partikel von der Straße, Salze, kurzzeitige Belastungsspitzen, …
Hier wird lediglich untersucht, wie groß der C-Schichtverschleiß der Rolle in der Mischreibung unter idealen Bedingungen (Reibpartner gereinigt) mit und ohne Schmierung ist. Dass unter diesen Bedingungen die (DR. WACK) Schmierung den Verschleiß um den Faktor 13 verringert, heißt natürlich nicht, dass mit Schmierung die Laufleistung einer Kette in dieser Größenordnung gesteigert werden kann. Sehr wohl lässt sich daraus aber ableiten, dass auch einer Endurance-Kette von Schmierung und insbesondere regelmäßiger Reinigung profitiert. Anders als in diesem Verschleißtest „leiden“ C-Schichten ganz wesentlich an harten Partikeln, was ich aus langer Erfahrung weiß. Gerät ein hartes Partikel zwischen Hülse und Rolle oder zwischen Rolle und Zahn, dann kann die C-Schicht punktuell abplatzen. Im weiteren Schadensfortschritt brechen die Ränder weiter aus und die Schadensausbreitung setzt sich beschleunigt fort. Deshalb ist insbesondere bei Endurance-Ketten eine regelmäßige Reinigung mit anschließender Schmierung zu empfehlen. Das von SingleR empfohlene SAE 90 Öl würde hier sicher gute Dienste tun.
Der am Institut für Fördertechnik und Logistik der Universität Stuttgart (IFT) durchgeführte Vergleichstest am Kettenprüfstand besagt zwar, dass sich die geschmierte Kette um den Faktor 3 weniger gelängt hat als die trockene. Gleichzeitig war die Beanspruchung aber viel zu hoch und deshalb ist in beiden Fällen die Kette gerissen, weil die „Permanentschmierung zwischen Bolzen und Hülse den enormen Belastungen nicht Stand hielt“ und wahrscheinlich der Bolzen an der Hülse gefressen hat, was schließlich zum Bruch (Kerbwirkung!) führte. Interessant ist in diesem Zusammenhang aber der Hinweis, dass die „herkömmlichen Kette das gesamte Prozedere tadellos meisterte“. Die Abdichtung durch den O- oder X-Ring ist hier offensichtlich besser! Insgesamt lässt sich aber auf Basis dieses Überlastversuchs keine quantitative Aussage über den Vorteil einer Schmierung ableiten.
Was bei beiden Prüfstandversuchen fehlt, ist der Vergleich mit einer Standardkette. Ich bin aber überzeugt, dass die geschmierte Standardkette in beiden Tests besser abgeschnitten hätte als die trockene Endurance-Kette. SingleR’s Einschätzung geht in die ähnliche Richtung.
Vom ursprünglich erhobenen Anspruch, einen wartungsfreien Kettenantrieb entwickelt zu haben, sind BMW und Regina also Meilen weit entfernt und inzwischen ja auch wieder abgerückt.
Und wenn man bei Tante L. nachschaut, dann ist zwar in der Überschrift von „
ANTRIEBSKETTEN HPE 525 WARTUNGSFREI“ die Rede, weiter unten findet man aber doch noch dieselben Hinweise wie bei DR. WACK:
„
Pflegeanleitung:
Um die Funktion und Ästhetik zu gewährleisten sind diese 3 einfachen Regeln zu beachten:
Reinigen und Nachschmieren der Kette: nach der Motorradwäsche, nach einer Fahrt bei Nässe und/ oder bei salziger bzw staubiger Umgebung, vor der Einlagerung des Motorrads am Ende der Saison (Winter)
mindestens einmal pro Jahr die Kette nachschmieren
Kettenspannung alle 3.000 Km überprüfen!
“
Dem kann ich mich nur anschließen!
Einen großen Unterschied zur Pflege einer „normalen“ Kette gibt es also offensichtlich nicht…
Trotzdem wünsche ich allen „HPE-Fahrern“ viele Kilometer und wenig Stress mit ihrer neuen Kette.
Gruß
Dietmar