SingleR hat geschrieben:Langstreckler hat geschrieben:Die juristisch fundierten Produkthaftungsschulungen meines Arbeitgebers sind da wesentlich ergiebiger, und deshalb habe ich überhaupt keinen Anlass, an meinem weiter oben formulierten Standpunkt irgendetwas zu ändern.
Natürlich sollst Du Deine eigene Meinung haben dürfen. Aber wie schon erwähnt: das ProdHaftG greift ja dann nicht, wenn das Produkt selbst keinen Fehler hatte. Erleidest Du einen Unfall, von dem Du annimmst, dass das benutzte Produkt (in unserem Fall: der Reifen) einen Fehler hatte, obliegt Dir die Beweisführung.
Selbst wenn bei meinem Mopped ungeeignete Reifen aufgezogen wären, dann wäre bei mir ein Unfall durch Aufschaukeln extrem unwahrscheinlich, da ich bis jetzt noch nie im Bereich der eingetragenen 218 km/h gefahren bin und ich beim Einsetzen eines Aufschaukelns sofort das Gas reduzieren würde.
Machen wir aber mal folgendes Fallbeispiel:
Ich bin regelmäßig mit Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn unterwegs. Mit der Erstbereifung läuft das Mopped dabei wie auf Schienen.
Nachdem die Erstbereifung abgefahren ist, montiere ich neue Reifen. In meinem Kfz-Schein stehen nur die Dimensionen, aber keine Reifenbindung. Als Einziges finde ich in der CoC den Hinweis, dass die Reifen vorn und hinten vom selben Hersteller sein müssen. Als Nachfolger entscheide ich mich für den viel gelobten KontoRoadWarrior 3. Der Reifen wird ohne jeden Hinweis, dass er für die F800R ungeeignet ist, geliefert. Damit denke ich alles richtig gemacht zu haben.
Zwei Wochen nach der Montage fahre ich auf die Autobahn um es mal wieder so richtig „krachen“ zu lassen. Das Mopped beginnt über 200 km/h unerwartet zu schaukeln, und da ich unerfahren bin, lass‘ ich das Gas stehen und werde bei 210 km/h abgeworfen. Da ich eine Lederkombi angezogen habe, passiert zwar mir nichts, das Mopped schleudert aber in eine auf dem Standstreifen wegen einer Panne stehende Person. Diese Person wird dabei schwer verletzt.
Ein Gutachter wird für eine Klärung des Unfallhergangs hinzugezogen. Von mir erhält er den Hinweis, dass das Phänomen des Aufschaukelns ursächlich mit den neuen Reifen in Verbindung zu bringen ist, da es mit den alten Reifen keine diesbezügliche Probleme gab. Von Fa. Konto erfährt er, dass dieser Reifen gemäß Serviceinformation nicht zu den Reifen gehört, die für die F800R empfohlen werden. Weitere Angaben macht Fa. Konto gegenüber dem Gutachter nicht. In seinem Abschlussbericht schreibt der Gutachter, dass der Unfall möglicherweise mit dem nicht empfohlenen Reifen zusammenhängen könnte.
Da es um viel Schmerzensgeld geht, nimmt meine Versicherung dieses Gutachten zum Anlass, gegen Fa. Konto wegen Inverkehrbringens eines ungeeigneten Reifens zu klagen. Beim Gerichtsverfahren fordert der Richter die Fa. Konto auf, die Entwicklungs- und Erprobungsergebnisse dieses Reifens offenzulegen. Dabei stellt sich heraus, dass es bereits während der Erprobung Abwürfe von Testfahrern auf der F800R gab.
Wie wird der Richter jetzt entscheiden?
Antwort A: Da es Fa. Konto versäumt hat, in Form einer Produktinformation auf die Gefahr von Abwürfen bei hoher Geschwindigkeit mit einer F800R hinzuweisen, ist Fa. Konto seiner Aufklärungspflicht gemäß Verbraucherschutzgesetz nicht nachgekommen und ist in wesentlichen Teilen für den Unfall verantwortlich. Eine Serviceinformation mit empfohlenen Reifen auf der Homepage reicht nicht aus.
Antwort B: Der Fahrzeugbesitzer hätte sich vor dem Reifenkauf besser informieren und bei Fa. Konto nachfragen sollen, warum sein favorisierter Reifen nicht empfohlen wird. Dadurch hätte er den Unfall vermeiden können. Er ist deshalb für den Unfall verantwortlich.
So könnte ein Fallbeispiel meines Arbeitgebers als Teil der Abschlussprüfung nach einer Produkthaftungsschulung aussehen. Wenn ich die Antwort „B“ ankreuzen würde, wäre ich mit ziemlicher Sicherheit durchgefallen…
Gruß
Dietmar